Wer mit wem nach der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt?

Nach der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt sind verschiedene Regierungs-Konstellationen denkbar. Eine Koalition aus CDU und SPD hätte die denkbar knappste Mehrheit. Darüberhinaus sind verschiedene Dreierkonstellationen möglich. Wie sind die inhaltlichen Schnittmengen der verschiedenen Koalitionsmöglichkeiten?

Der Koal-O-Mat kann diese Frage etwas erhellen. Dazu werden die Positionen der Parteien zu den 38 Thesen des Wahl-O-Mats für die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt konsultiert. Während der Wahl-O-Mat den Bürgerinnen und Bürgern anzeigt, welche Parteien ihnen am nächsten stehen, können anhand der Thesen auch die inhaltlichen Schnittmengen verschiedener Koalitionen angezeigt werden. Je mehr Thesen zwischen Parteien unstrittig sind, desto reibungsloser sollten sie miteinander koalieren können. Freilich kann mit dem Wahl-O-Mat die inhaltliche Nähe nur grob erfasst werden. Der Teufel bzw. Konflikt steckt oft im Detail und wird in den drei Antwortmöglichkeiten (“ja”, “nein”, “neutral”) nur vereinfacht abgefragt. Der Koal-O-Mat blendet zudem weitere Faktoren aus, die für die Regierungsbildung wichtig sind. Wenn Koalitionsoptionen sondiert werden, geht es nicht nur um die (ungewichtete) inhaltliche Nähe. Vertrautheit und Sympathie zwischen dem Spitzenpersonal spielt ebenso eine Rolle wie strategische Überlegungen mit Blick auf die Bundesebene.

Der Koal-O-Mat macht auch darauf aufmerksam, dass die typisch deutsche Mehrheitskoalition keineswegs alternativlos ist. In Mehrheitskoalitionen formed in Germany erlegen sich die Partner einen absoluten Kompromisszwang auf und lassen die Opposition bei der Suche nach Mehrheiten völlig außer Acht. Der Einigungszwang kann die Koalition handlungsunfähig machen, oder die Parteien zu Kompromissen zwingen, die sie von ihren jeweiligen Wähler entfremden. Dies gilt insbesondere, wenn sich Parteien zu komplexen Dreierbündnissen (wie Kenia-Koalition) zusammenschließen.

Das Koalitionskorsett kann gelockert werden, wenn Parteien wechselnde Mehrheiten bilden. Diese Flexibilität ist durch eine Minderheitsregierung erreicht, kann aber auch durch innovativere Koalitionsabkommen verwirklicht werden. In “agree-to-disagree”-Klauseln könnten die Partner beispielsweise bestimmte Fragen vom Einigungszwang ausnehmen und sich gegenseitig die Suche nach alternativen Mehrheiten zubilligen. In Neuseeland und Skandinavien funktioniert diese offenere politische Zusammenarbeit seit langer Zeit erfolgreich. In Nordrhein-Westfalen versuchte sich zwischen 2010 und 2012 eine rot-grüne Minderheitsregierung daran.

Wie steht es nun konkret um die inhaltlichen Schnittmengen zwischen verschiedenen Regierungsbündnissen und der Möglichkeit wechselnder Mehrheiten (da alle Parteien eine Zusammenarbeit mit ihr ausgeschlossen haben, wird die AfD nicht berücksichtigt)?

In der Abbildung sind alle 38 Thesen des Wahl-O-Mats aufgeführt. Für jede mögliche Koalition ist zudem dargestellt, ob in einer These Einigkeit oder Konflikt besteht. Konkret wird als einig gewertet, wenn alle Parteien einheitlich auf eine These geantwortet haben. Uneinig ist eine Koalition, wenn mindestens ein Partner “ja” oder “nein” und ein weiterer Partner “neutral” angegeben hat. Als sehr uneinig gelten Koalitionen in einer These, die zwei Partner mit “ja” und “nein” beantwortet haben und sich damit deutlich widersprechen.

Zählt man die jeweiligen Schnittmengen zusammen ergibt sich das folgende Bild:

Die größten Schnittmengen bestehen zwischen CDU und SPD, sie sind sich in der Hälfte aller Themen einig. Tritt die FDP in einer sogenannten Deutschland-Koalition hinzu, sinkt die Einigkeit auf 15 Themen. Beispielsweise stehen SPD und CDU verdachtsunabhängigen Personenkontrollen offen gegenüber, die FDP lehnt dies jedoch ab. Interessant ist, dass eine Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Grünen nur einen Streitpunkt mehr aufweist als eine Deutschland-Koalition. Eine Jamaika-Koalition weist mit 12 Themen die geringsten Übereinstimmungen auf.

Wenn wechselnde Mehrheiten praktiziert werden würden (und die AfD von der Mehrheitsbildung ausgeschlossen bleibt), wäre der Handlungsspielraum im sachsen-anhaltinischen Landtag am größten. In 22 Themen sind sich Parteien einig, die gemeinsam eine absolute Mehrheit im Landtag zusammen bringen (dies ist eine sehr konservative Schätzung, da einfache Mehrheiten - mehr Jastimmen als Neinstimmen - für einen Beschluß im Landtag hinreichen sind). Darunter finden sich auch Themen, in denen sich die CDU mit der Linken einig ist (z. B. den Erhalt von Förderschulen).