Am 19. März wählen die Bürgerinnen und Bürger in Darmstadt ein neues Stadtoberhaupt. Zu den inhaltlichen Positionen der zehn Bewerberinnen und Bewerber bietet die Online-Wahlhilfe VOTO einen Crashkurs. Dabei zeigen sich klare Differenzen zwischen den Kandidaten von Grünen, Linken, SPD und Volt auf der einen und von CDU und FDP auf der anderen Seite.

Welche politischen Angebote stecken hinter den zehn Kandidierenden, aus denen die Darmstädter am 19. März und, in einer möglichen Stichwahl, am 2. April ihren neuen Oberbürgermeister auswählen? VOTO gibt darauf Antworten. Wie der bekannte Wahl-O-Mat ist VOTO eine Online-Wahlhilfe, mit der jeder Bürger seine Meinung mit den Kandidaten vergleichen kann. Dazu greift die Wahlhilfe in 34 Thesen verschiedene allgemeine und konkrete Themen der Stadtpolitik in Darmstadt auf, etwa zur Verkehrswende, zu Recht & Sicherheit, zu Einwanderung oder Wohnen. Freilich vereinfachen die Thesen komplizierte Sachverhalte und vermitteln nur einen groben vergleichenden Eindruck. Aber mehr als einen solchen Crashkurs über das politische Angebot zur OB-Wahl kann und will VOTO nicht bieten. Damit sollen vor allem Vielbeschäftigte und Politikferne für ein paar Minuten in die Themen ihrer Stadtdemokratie hineingezogen werden. Ein ausführlicheres Studium der Begründungen der Kandidaten in VOTO, von Wahlprogrammen, Plakaten und Hintergründen darf gern folgen.

Klare Gegensätze zwischen den Kandidaten der großen Parteien

Ein Schlaglicht auf einige ausgewählte Thesen zur Stadtpolitik zeigt, dass die Darmstädterinnen und Darmstädter nicht nur personell eine große Auswahl haben. Hinter den zehn Bewerberinnen und Bewerbern steckt auch ein inhaltlich diverses Politik-Angebot. Allerdings konzentriert sich dieses Angebot in zwei Lager. Da der nächste OB höchstwahrscheinlich aus den Reihen der bundesweit aktiven Parteien kommen wird (bei der letzten OB-Wahl kreuzten die meisten Darmstädter einen Parteibewerber an), blicken wir zunächst auf Hanno Benz (SPD), Uli Franke (DIE LINKE), Gerburg Hesse-Hanbuch (FDP), Holger Klötzner (Volt), Michael Kolmer (Grüne) und Paul Wandrey (CDU) .

In Großstädten gehört der Verkehr inzwischen zu den umstrittensten Themen. Die Verkehrswende, vor allem die Frage nach mehr autofreien Zonen, trennt insbesondere Hesse-Hanbuch und Wandrey auf der einen sowie Benz, Franke, Klötzner (Volt) und Kolmer auf der anderen Seite. Gegenüber mehr Tempo-30-Zonen sind die Kandidierenden von CDU und FDP aufgeschlossener. Das Thema Wohnen und Mieten drängt seit Beginn des Ukrainekrieges noch stärker. Die Frage nach mehr sozial geförderten Wohnraums ergibt eine ähnliche Differenzierung wie die Verkehrswende.

Auf die These nach einer Senkung des Wahlalters für Oberbürgermeisterwahlen auf 16 Jahre (aktuell liegt die Grenze bei 18 Jahren) hören die Darmstädter Töne, die ihnen aus der Bundespolitik bekannt sind: Die OB-Bewerber aus den Ampelparteien bejahen ein Wahlrecht für die (ihnen auch tendenziell stärker zuneigende) Jugend, was vom Unionsbewerber abgelehnt wird.

Politik kann selbst die Typographie in ihr Kräftefeld ziehen, wie die zahlreichen Bürger*innen zeigen, die sich leidenschaftlich über fehlende oder vorhandene Gendersternchen in der Sprache ärgern. Auch die Kandidatinnen und Kandidaten sind darüber uneins. Wandrey sieht das Ansinnen neutral, Hesse-Hanbuch lehnt es stark ab; Franke und Kolmer befürworten entsprechende Vorgaben für amtliche Dokumente stark, Benz und Klötzner sind in ihrer Zustimmung zurückhaltender.

UFFBASSE & Co bereichern das politische Angebot

Im Vergleich zur zwei Wochen zuvor stattfindenden OB-Wahl in Frankfurt sind die Kandidaturen jenseits der großen Parteien überschaubarer: die Freien Wähler (H. Uhl), UFFBASSE (K. Lau), die Partei DIE PARTEI (M. Steiner) und die Wählergemeinschaft Darmstadt (M. Ziemek) schicken eigene Bewerber ins Rennen.

Die großen Linien im Bewerberfeld

Politik besteht für die meisten Bürgerinnen und Bürger nicht darin, sich tief in verschiedene Themen hineinzudenken, sondern allgemeinere Positionen zu beziehen. Möchte man mehr Umverteilung, weniger Verkehrswende, mehr öffentliche Sicherheit auch wenn dazu Bürgerrechte eingeschränkt werden müssen? Parteien helfen den Bürgern dabei, sich mit diesen allgemeinen Einstellungen politisch zu beteiligen. Parteien bündeln Positionen zu zahlreichen Einzelthemen in übersichtliche Pakete. Sie vereinfachen auch den politischen Raum, da diese Positionen zusammenhängen. Beispielsweise schnüren die Grünen Verkehrswende, Diversität und Klimapolitik zu einem grünen Politikpaket. Ganz anders, aber eben auch zusammenhängend, beantwortet die FDP diese Fragen. Nur zu wissen, ob man mehr grüne, gelbe, rote oder schwarze (usw.) bzw. linke oder rechte Politik haben möchte, ist daher schon hinreichend, um über seine Wählerstimme verschiedene Politikbereiche zu beeinflussen.

Die Abbildung zeigt, wie sich diese politischen Farben bei der OB-Wahl reihen, wenn man alle Themen auf eine Links-Rechts-Achse reduziert. Im eher linken Spektrum liegen U. Franke (DIE LINKE), M. Kolmer (Grüne), H. Klötzner (Volt) und H. Benz (SPD) sowie K. Lau (UFFBASSE), M. Steiner (DIE PARTEI) und M. Ziemek (WGD). Im bürgerlich-konservativen Lager stehen P. Wandrey (CDU) und G. Hesse-Hanbuch (FDP) sowie H. Uhl (Freie Wähler). Die relative Stärke dieser beiden Lager bei der Erstwahl am 19. März dürfte für die mögliche Stichwahl am 2. April 2023 richtungsweisend sein. Freilich sind Oberbürgermeisterwahlen Personenwahlen und es wird eine große Rolle spielen, welche Kompetenzen die Bürger den einzelnen Kandidierenden zuschreiben oder wie sympathisch sie wirken. Gerade durch die inhaltliche Nähe einzelner Bewerber können Persönlichkeitsfaktoren am Ende eine große Rolle spielen.


Autoren: Andreas Küpfer, M.Sc. & Prof. Dr. Christian Stecker TU Darmstadt, Institut für Politikwissenschaft