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Wo kommen die Kandidierenden her?

Die Grafiken markieren mit unterschiedlichen Farben die absolute Anzahl der Bewerber aus unterschiedlichen Landkreisen bundesweit (links) und aus hessischen Gemeinden (rechts). Genauer gesagt, handelt es sich um die Geburtsorte der insgesamt 7278 Kandidierenden, die sich von 1991 bis heute für einen Sitz im hessischen Landtag beworben haben. Der Geburtsort ist nicht der perfekte, aber der beste verfügbare Indikator für einen Blick auf die Herkunft.

Es zeigt sich - wenig überraschend - dass besonders viele hessische Landeskinder in den Landtag streben (oder schon dort sitzen). Aber offensichtlich sind auch eine Menge gebürtiger Berliner anwesend.

Mit Blick auf Herkunftsorte in Hessen leuchten die urbanen Zentren, vor allem Frankfurt, Darmstadt, Gießen oder Kassel. Dies liegt zunächst an der schieren Bevölkerungsgrösse der Städte. Dass es aber auch (rurale) Gemeinden gibt, aus denen seit 1991 niemand für den Landtag kandidiert hat, könnte auf eine Unterrepräsentation des ländlichen Raumes hinweisen.





Ist die hessiche Landespolitk (noch) eine Männerdomäne?

Die angemessene Vertretung von Frauen unter politischen Eliten ist ein Dauerthema der repräsentativen Demokratie der Bundesrepublik. Die Abbildung präsentiert einige Kennzahlen zu dieser Debatte für Hessen. Der größere Punkt zeigt für jede Partei den Frauenanteil unter den Kandidierenden, der kleine Punkt den Anteil unter den Abgeordneten. Der Pfeil illustriert, in welche Richtung es geht. 1991 sank bei der SPD der Frauenanteil von 46 Prozent unter den Kandidierenden auf 14 Prozent in der Parlamentsfraktion. Die Zutaten: Männer als Platzhirsche in Wahlkreisen und auf der Liste (der mittlere Listenplatz einer Frau auf der 166er Liste war 91, der von Männern 68).

Es zeigt sich, dass inzwischen vor allem Grüne und Linke mit ihren paritätischen Listen (und nur wenigen gewonnen Direktmandaten) Parität in ihren Landtagsfraktionen erreichen. CDU und FDP liegen deutlich darunter. Allerdings haben beide Parteien neue Höchstwerte im Frauenanteil unter den Kandidierenden für die kommende Landtagswahl erreicht.





Wie jung sind die Kandidierenden?

Der Blick auf das Durchschnittsalter aller Kandidierenden seit 1991 zeigt, dass sich der Kandidierendenpool zuletzt etwas verjüngt hat, nachdem vor allem bei den Grünen eine stetige Zunahme des Durchschnittsalters zu verzeichnen war. Die Kandidierenden der AfD sind durchschnittlich mehr als 10 Jahre älter, als die Kandidierenden der anderen Parteien.





Wie polarisiert sind die hessischen Wählerinnen und Wähler?

Hessen galt lange als Schauplatz starker Polarisierung zwischen den wichtigen Parteien, weil hier eine besonders konservative CDU auf eine besonders linksorientierte SPD traf. Während sich Politik im Rest der Welt stärker zu polarisieren scheint, ist man sich in Hessen zunehmend wohlgesonnen. Dies zeigen die sogenannten Skalometerwerte, bei denen die Befragten angeben, ob sie überhaupt nichts (-5) oder sehr viel (+5) von einer Partei halten. Die Grafik bildet diese Bewertung für alle wichtigen Wählergruppen ab. Links oben zeigt sich z. B., dass die CDU-Wähler 1991 den Grünen in leidenschaftlicher Abneigung verbunden waren - durchschnittlich bewerteten sie die Grünen bei -2. Aus der 2014 geschlossenen schwarz-grüne Koalition ist vielleicht nicht Liebe aber starke Zuneigung geworden. 2018 bewerteten die CDU-Wähler die Grünen mit +2 sehr positiv. Die Grünen-Wähler (links oben) erwidern diese Gefühle. Insgesamt haben zumindest die Wähler der etablierten Parteien eine zunehmend positive Sicht auf andere etablierte Parteien. Unter Börnersches Dachlattenniveau fällt nur die AfD aus Sicht der Wähler anderer Parteien und umgekehrt.





Wird an der Wahhlurne in Zwingenberg nach Berlin geschielt oder wie wichtig ist die Landespolitik?

Landespolitik gilt gegenüber der Bundespolitik häufig als nachrangig. Tatsächlich denken die Wählerinnen und Wähler daher auch immer an die Hauptstadtpolitik, wenn sie ihre Stimme bei einer Landtagswahl abgeben. Schaut man sich Umfragedaten an, zeigt sich allerdings, dass der Blick selten ganz nach Berlin wandert, wenn man den Wahlzettel im Wahllokal in Hammersbach oder Darmstadt ausfüllt. Die meisten Wähler geben an, dass die Landespolitik für ihre Wahlentscheidung wichtiger ist. Dies gilt für den Gesamtdurchschnitt (73,5% aller Befragten benennen die Landespolitik als ausschlaggebend) und für Hessen. Ab und zu drängt sich die Bundespolitik stärker nach vorn. 2003 gab fast die Hälfte in der hessischen Landtagswahlstudie an, aus bundespolitischen Erwägungen abzustimmen. Laut damaligen Beobachtern hagelte es Denkzettel für die zu diesem Zeitpunkt relativ unpopuläre rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder.

Abiturienten gehen häufiger zur Wahl - nicht alles, aber das war früher besser

Der Fokus auf die durchschnittliche Wahlbeteiligung überdeckt, dass darunter enorme Beteiligungsunterschiede zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen bestehen. Besser verdienende und besser gebildete Menschen gehen deutlich häufiger zur Wahl. Dies ist für die Demokratie problematisch, u.a. weil diese Beteiligungsunterschiede auch dazu führen, dass diese besser gestellten Gruppen auch besser in der Politik repräsentiert werden. Damit nicht genug, der Unterschied scheint in jüngeren Generationen zuzunehmen. Dies zeigt sich auch anhand der letzten hessischen Landtagswahlstudie von 2018. Abiturienten gehen (laut eigener Auskunft) häufiger zur Wahl, als Menschen ohne Abitur und diese Lücke wird in Richtung jüngerer Generationen immer größer. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, dürfte auch in der kommenden Wahl die Lücke weiter wachsen.





Die inhaltliche Nähe zwischen den einzelnen Parteien

Um die inhaltliche Nähe zwischen den Parteien zu bewerten, kann man sich des Wahl-O-Mats. Wir zählen einfach die Zahl der Thesen, in denen zwei Parteien einer Meinung sind. In der Grafik sind diese Zahlen abgebildet. So haben Grüne und SPD große Schnittmengen, ebenso wie CDU und FDP.




Koal-O-Mat bzw. warum nicht mal wechselnde Mehrheiten?

Bei der Regierungsbildung kommt es auf die Inhalte an, wie Politiker am Wahlabend versichern. Wie gut die einzelnen Parteien zusammenpassen ist eine komplexe Frage. Ein paar Einblicke bietet der Wahl-O-Mat, wenn wir ihn in einen Koal-O-Mat umwandeln. Dazu schauen wir uns an, in welchen Thesen, welche Parteien übereinstimmen oder über Kreuz liegen. In der Abbildung sind alle 38 Thesen des Wahl-O-Mats für Hessen aufgeführt. Für jede Parteiverbindung ist dargestellt, ob in einer These Einigkeit oder Konflikt besteht. Konkret wird als einig gewertet, wenn alle Parteien einheitlich auf eine These geantwortet haben. Uneinig ist eine Koalition, wenn mindestens ein Partner “stimme zu” oder “stimme nicht zu” und ein weiterer Partner “neutral” angegeben hat. Als sehr uneinig gelten Koalitionen in einer These, die zwei Partner mit “ja” und “nein” beantwortet haben und sich damit deutlich widersprechen.

Eine mögliche Fortsetzung von schwarz-grün könnte von einem recht großen Vorrat an Gemeinsamkeiten (20) zehren, eine mögliche GroKo ist sich nur in 16 Themen einig. Eine Ampel, sofern sie überhaupt eine Mehrheit hätte, müsste wesentlich mehr Streitpunkte aus dem Weg räumen - in nur 14 Themen sind sich die drei Parteien einig. Die letzte Spalte macht darauf aufmerksam, dass der deutsche Fetisch für Mehrheitskoalitionen nicht alternativlos ist. In einem zunehmend zersplitterten und polarisierten Parteiensystem ist sie möglicherweise sogar eine schlechte Wahl. In Mehrheitskoalitionen erlegen sich die Partner einen absoluten Kompromisszwang auf und lassen die Partein der Opposition bei der Suche nach Mehrheiten völlig außer Acht. Der Einigungszwang kann die Koalition handlungsunfähig machen, oder die Parteien zu Kompromissen zwingen, die sie von ihren jeweiligen Wähler entfremden. Dies gilt insbesondere, wenn sich mehrere unterschiedliche Parteien zusammenschließen (siehe Ampel im Bund).

Dieses Koalitionskorsett kann gelockert werden, wenn die Parteien wechselnde Mehrheiten bilden. Dies würde bedeuten, dass sich in unterschiedlichen Themen auch unterschiedliche Parteien zu einer Mehrheit zusammenfinden können. Diese Flexibilität kann durch eine Minderheitsregierung erreicht werden. Sie kann aber auch durch innovativere Koalitionsabkommen praktiziert werden. In Neuseeland und Skandinavien funktioniert diese offenere politische Zusammenarbeit seit langer Zeit erfolgreich. In unserem Koal-O-Mat hätten wechselnde Mehrheiten auch den größten Handlungsspielraum. In 23 Themen könnten sich verschiedene Parteien zusammenfinden, die jeweils eine Mehrheit hätten.





Was betonen die Parteien in ihren Wahlprogrammen?

Politik kann in verschiedene Themenfelder kategorisiert werden. Hier haben wir anhand von Schlagwörtern Themenfelder in den Wahlprogrammen der Parteien identifiziert und auf einen normalisierten Wert zwischen 0 und 1 gezählt. Je höher dieser Wert, desto größer die Aufmerksamkeit (im Jargon: “Salienz”) einer Partei für ein Thema. Dies können wir auch nutzen, um Unterschiede zu vergangenen Wahlen zu verdeutlichen. Intuitiv plausibel zeigt sich, z. B. dass die Grünen das Thema Umwelt über alle Jahre hinweg besonders ausführlich besprechen. Das gleiche gilt für die AfD und Immigration & Integration.





Stadt-Land-Gegensätze im Wahlverhalten [comming soon]

Datengrundlagen

In die Analysen gehen verschiedene Datenquellen ein, die wir teils aufbereitet und mit weiteren Daten angereichert haben. Zu nennen sind insbesondere:


Kontakt
Daniel Kuhlen
TU Darmstadt twitter

Andreas Küpfer, M.Sc.
TU Darmstadt

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Prof. Dr. Christian Stecker
TU Darmstadt

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